Ich war im Februar 2020 auf Fuerteventura im Runner’s World Trainingslager. Leider hatten wir in den ersten Tagen wegen eines Sandsturms namens Calima Ertüchtigungsverbot. Damit den Teilnehmern nicht die Decke auf den Kopf und das Gemüt auf die Füße fiel, schritt ich zur Tat mit einem Reise-Tagebuch. Das ganze Unterfangen ist dann etwas außer Kontrolle geraten:

Ich habe es ja geschafft, mich in den vergangenen paar Tagen als absolution Idioten zu verkaufen! Das macht aber gar nichts und trifft es ganz gut! Wenn niemand mehr was von einem erwartet, kann man sich nach Strich und Faden daneben benehmen und bestenfalls ist noch wer angenehm überrascht.

Heeeeute gilt es also! Der Zenit der Lustigkeit hat bitteschöne endlich mal erreicht zu werden, wo wir uns doch genauso leider wie tatsächlich auf der Zielgeraden der uns bescherten Verbundenheit befinden. Das hat hier einstweilen derartige Ausmaße angenommen, dass ich vorhin sogar die gemeinsame Leibesertüchtigungen schwänzen durfte, um diese lyrischen Ergüsse vorzubereiten. Nils sagte, ich sollte mich mal um den Klamauk kümmern. Also bitte! Das ist doch kein Klamauk! Ich  recherchierte den Fachterminus und der lautet: „epischer Quatsch“! Episch weil es vor allem ja mal lang ist, bevor es lustig zugeht. A pro pos Schwänzen! Für den Fall, dass das heutige mir aufgetragene Registerziehen nicht zur ersehnten Erheiterung führt, starten wir in den Vorleseabend mit einem kleinen infantilen Scherzchen. Die zünden ja doch immer am besten. Vorher möchte ich drauf hinweisen, dass die anschließende Überleitung eigentlich für einen anderen Witz gedacht war, aber hier irgendwie, wenn auch wieder einmal unter der Gürtellinie, auch ganz gut passt:

Schatz, ich lasse mich scheiden! Du bist mir zu infantil… hihihi—

Achtung Überleitung. „A pro pos schlechte Luft.“ Mein pupsender Mitbewohner kann übrigens nicht nur seine Darmwinde nicht kontrollieren, sondern sich auch nicht eincremen! Laufen ohne Schmiere auf Visage und Schenkelchen ist ja schon nicht die allergrößte Idee unter der Sonne dieser Breitengrade, aber da hat man wenigstens obenrum noch was an. Schwimmen ohne Sonnenschutz ist hierzulande aber eine noch sensationellere Idee. Was trägt man so beim Schwimmen? Badehose und? Badekappe! Und wo endet die? Aiaiaiaiai… der sieht aus! Aber ich will mich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, haben wir in den eigenen Reihen ja auch den einen oder anderen Dermatologie-Leugner.      Den Mitbewohner hatte ich ja vor dem Kundtun seiner nächtlichen Eskapaden um Erlaubnis gefragt. Anscheinend hatte er aber nicht bedacht, dass der Rest der Trainerbande ihn ja sehr wohl zuzuordnen weiß… war ihm ein klein wenig unangenehm. Er hat dann umgesattelt und malmt nun nachts mit den Zähnen… wahrscheinlich verarbeitet er damit die ihm zugefügte Schmach. Pupsen tut er aber trotzdem weiterhin. Ich reiße jetzt halt immer direkt das Fenster auf, wenn er den Raum betritt. Auch tagsüber.

Nun aber nochmal einen Blick auf das gestrige Tagesgeschehen. Was ist schon eine zackige Grenzerfahrung auf der Laufbahn, wenn man sie nicht mit ein wenig bodennaher Exerzierung (oder heißt es Exerzissmus?!) am Nachmittag und einem langen Läufchen am nächsten Tag abrundet? Alter Schwede! Diesem kackscheiß Sandsturm könnte ich immer noch eine reinhauen für das Durcheinanderwirbeln unseres Trainingsplans. Über das Wort Durcheinanderwirbeln an dieser Stelle schmunzele ich innerlich seitdem ich diese Satzkombination zusammengoss. Dieser Sand-Scheißtyp jedenfalls! Man hätte zwischenzeitlich mal so schön einen Tag mit dem Arsch voran über die nächstbeste Leine baumeln können. Aber neeee! Wer zwei Tage müßiggeht, kann sich zur Strafe im Anschluss mal drei Tage die Fresse polieren! Und dafür fliegen wir nicht nur in ferne Lande, sondern bezahlen auch noch Unsummen. Wie ich am ersten Tag schon erwähnte:

Während sich der durchschnittliche Arbeitnehmer in seinem Urlaub wahlweise vollaufen, gehirnwaschen oder wellnessen lässt, obsiegt beim laufenden Sportfanat auch bei der Wahl des Urlaubsinhaltes der Zwang nach persönlicher Optimierung und Zerstreuung. Einfach mal zwei Wochen den müden Denkapparat nebst der diesen umgebenden Hülle auf die Leine zu hängen, ist der Leistungshungrigen Sache nämlich nicht.

Erst also eine kleine Grenzerfahrung auf dem Weg zum Leuchtturm… und als wäre der Hinweg nicht schon schlimm genug gewesen, mussten wir ja auch noch wieder zurück! Hätte mir das mal einer vorher gesagt! Ich erinnere hierbei, wenngleich ungern, an meine Pulskurve. Ich glaub, ich habe mich bis heute noch nicht davon erholt. Tags drauf den müden Kadaver im Kreis scheuchen, was nur leidlich mit dem Eis wiedergutgemacht werden konnte und gestern dann als Schmankerl nochmal lang Abaschlappen. Ich weiß ja nicht, wie es euch ergangen ist, aber bis zum Mittagsschläfchen, also selbst nach dem Lauf noch, fand ich die Idee nicht soooo Kacke! Ihr seid ja dann wieder turnen gegangen! War schön? Soll ich euch mal den Link zum Ballett-Magazin zukommen lassen? Oder doch zu Messer-Monthly?

Mir hingegen wurde vom Coach die Idee zugetragen, eine nur kleine Runde Radfahren zu gehen. Diesem Aberwitz zuzustimmen, ist besonders dann eine ganzzzz phaaantastische Idee, wenn man zum wiederholten Male zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett vandaliert wurde, dann nach 8 nichts richtiges mehr zu beißen bekommt, aber euch Heißdüsen nen Halbmarathon aufs Parket legt. Dabei war es gestern gar nicht so heiß, wie zu befürchten stand und man hätte wunderbarst auch später losbrettern können! Aaaaber wir sind ja hier nicht nur voller preußischen Tugenden, sondern vor allem auch noch unflexibel. Was ist denn los mit der Digitalisierung? Coachiestrainingsplan.de und schon stehen alle nach meinem persönlichen Gutdünken allzeit kurzfristig bereit! Ich verstehe ohnehin nicht, warum das hier nicht alles nach meiner Nase läuft?! Schlafen bis 10, dann nichts mehr vom Frühstück abbekommen, nen langen Lauf wegen Hungerast verkacken, sich aus dem Gemüse jenseits der Straße mit dem Hubschrauber abholen lassen, weil man sich zu allem Überfluss auch noch heillos verlaufen hat, den Rest des Tages pöbeln, abends zu viel Essen, erst um halb zwei ins Bett gehen und am nächsten Morgen alles wieder von vorne! Klingt doch überaus erstrebenswert! Aber nein! Stattdessen klopft das wegen der terminlichen Beengung erst kurz vor dem Start reingeschaufelte Müsli also ein ums andere Mal noch von unten an die Gurgel. Ein besonders schönes Gefühl, dessen Erleben niemand missen sollte, der an meinem Biorhythmus interessiert ist. Ist doch schön, wenn man zweimal was davon hat!

Das mit dem Abschweifen muss ich unter Kontrolle bringen! Wo waren wir denn? Achso!

Während ihr der rhytmischen Sportgymnastik fröntet, schnallten wir uns die Drahtesel unter und radelten von hinnen. Sagen wir mal so: Die ersten Kilomerter bis zu den drei K waren ein kleeeeein wenig zäh nach drei Knäckebroten zum Mittag. Kuchen Cola Cofee. Genauso wie FF für Viel Freude. Danach gings dann. Mit Philip habe ich mir schön die Klinke in die Hand gegeben. Dem gings genauso, nur andersrum. Nur Coachi hat wieder seine Lebenskm in die Waagschale geschmissen und ist Kreise um uns rumgefahren. Nicht zu ertragen, diese allzeit bereiten Sportkoryphäen. Die Insel ist übrigens abseits dieses Puffs, der Laufbahn und dem Eisladen nix! Sieht alles gleich aus. Hätte Nils mich da ausgesetzt, ich wäre jetzt noch nicht wieder da. Waren wahrscheinlich die Marsmenschen von vorgestern. Haben mit dem Terraforming schon angefangen und wir Blödiane stellen uns hin und bestaunen die schöne Schlichtheit der Wüste. Die lachen sich wieder ins grüne Fäustchen.

Ein Witz zwischendurch: wann sinken U-Boote?

Nach dem Radeln gab’s schöne Sportlernahrung! Chips und Bier. Ich weiß ja nicht, was ihr von uns denkt, aber das mit der Askese haben wir schon vor langer Zeit hinter uns gelassen! Wozu veranstalten wir das ganze Spektakel hier denn bitte? Außerdem müssen irgendwo die 10-20 Marathonreserven ja herkommen! Nur die die große Kathi tanzt mal wieder etwas aus der Reihe. Verfällt nicht nur bei jeder Gelegenheit in irgendeine Yoga-pose, bei der es nur gesunde Snacks! Reiswaffel und irgendwas grünes soll dann nach Snickers schmecken. Ist klar! Und früh aufstehen tut sie auch! So wird das nichts mit uns! Das mit dem Zähneputzen kannste vergessen und ab sofort dusche ich, wenn überhaupt, nur noch mit Tabea.

Bei der Gelegenheit kommen wir jetzt endlich mal Titel: Klartext. Versteht ihr eigentlich meine Lage? Das klingt ja alles ganz lustig mit der Piraten-WG! Ich hatte es in den letzten Tagen schon mehrfach anzudeuten versucht. Diese ganzen Darbietungen war quasi ein leiser Hilfeschrei, aber ihr lacht ja immer alle nur und nehmt mich nicht Ernst. Glaubt halt keiner, dass hinter dieser vermeintlich vergnügten Fassade ein schwarzes Loch schlummert, das nicht nur einzwängt ist zwischen 80% locker und 20% Vollgas, sondern vor allem zwischen nächsten Giftgasanschlägen, tanzwütigen Laufwundern und kackenden Fröschen. Habt ihr eigentlich eine Ahnung, welche Schmach ich für euch über mich ergehen lasse? Immerhin bin ich in der Nacht zu Dienstag fast verendet! Außerdem sind auch die letzten Funken Privatsphäre mittlerweile verglommen und wir duschen bei offener Tür. Was soll das auch? Wenn alle in der Dusche sind, brauchste auch die scheiß Tür nicht zuzumachen! Und wenn abwechslungsweise mal nicht geduscht wird, räkelt sich immer irgendwer auf einer Blackroll oder rennt krakelend zu Elton John durch die Bude. Die Musik nämlich. Die Muuusik! Gestern war der Batman-Soundtrack ganz hoch im Kurs… der aus den 70ern, danach direkt Phil Collins. Aber: es gibt soooo viele Abstufungen zwischen Herrn Collins und totalem Durchdrehen. Maaaaaan. Wenn ich das nächste Mal von der lautstarken Karaoke empfangen werde, wenn ich aus der Dusche komme, lasse ich einfach das Handtuch fallen! Dann ist endlich Stille in der Bude. Direkt bevor das große Gelächter ausbricht… ist schon klar! Kathi hat heute übrigens gestanden, dass sie an Ziviloutfits sparen musste, um ihren Aquajogging-Gürtel mitzunehmen! Was hätteste denn gemacht, wenn das Inventar schneller ausgegangen wäre als die Tage? Wärste dann im Aquajogging-Gürtel zum Abendessen gegangen?

Wir sind schon wieder irgendwo falsch abgebogen! Bodengeturne war das Thema! Wenn ihr zu Hause ankommt, müsst ihr erstmal alle zu nem Resozialisierungsworkshop, um von den Endorphinschüben des ewigen Gestretches und Verdrehens wieder runterzukommen! Wer jeden Tag am 15:30 seine Gliedmaßen abzuschrauben versucht, wird das nicht plötzlich unterlassen können, nur weil sich der Standort verändert hat. Ich sehe schon die Schlagzeile: Diverse Teilnehmer eines Laufcamps wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen. Und dann im Text: Nach dem Schock eines anfänglichen Lagerkollers scheint sich unter den Teilnehmer recht zügig ein sektenhafter Zusammenhalt entwickelt zu haben, der sich im gemeinsamen Vollstrecken einer einstudierten Choreographie manifestierte. Alle weinten viel, hatten Probleme zu sprechen und stammelten unverständliches über einen kackenden Frosch.

Baaaah, es zieht sich! Und ich mag es gar nicht, wenn es sich zieht. Wie ihr wisst, bin ich ein sehr strukturierter IT’ler mit einem straff durchorganisierten Tagesablauf, damit ich rechtzeitig ins Bett komme, um morgens mit den lieben Vögelchen um die Wette aus dem Bett zu springen! Die scheiß Piepmätze mit ihrem Gebrüll! Ich würde ja gerne morgens das Fenster zumachen, aber ihr wisst ja um mein Problem mit dem Stinker!

Jedenfalls müssen wir jetzt genauso leider wie endlich zum Ende kommen! Nicht aber ohne ein finales Dreierlei:

  • Ein Hinweis auf den eben gerade frisch erstellten Podcast nesbt Facebook-Seite zu dem Monster, das ihr in den letzten Tagen aus mir rausgekitzelt habt. Eigentlich wollte ich schnell ne Website bauen, aber wie sollte es anders sein, habe ich stattdessen aus Versehen meinen kompletten Webserver gelöscht. Wer also was bei den Triathlon Affen sucht, weiß warum da grad nicht kommt. Ist vielleicht ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich langsam umsatteln sollte. Mache ja anscheinend so oder so nur noch Quatsch. Podcast also mit den Mitschnitten der vergangenen Tage und Facebook und das unter dem Namen Bundeskassner. Doppelt lustig wegen Merkel!
  • Trotz allem Spaß will auch ich diese Bühne nutzen und mich für euer aller Geduld bedanken! Für den einen oder die andere wird es nur schwer zu ertragen gewesen sein. Alle anderen konnten sich knapp beherrschen und Billigung vortäuschen. Vielen Dank also für das Opfer, das ihr für mich bereit wart zu bringen!
  • Und als letzte Amtshandlung und Einstimmung auf den Abend, hat mir der Coach erlaubt, über einen Abschlussabend vor zwei Jahren zu berichten, bei dem er ein kleeeein wenig zu lange auf der Party zugegen und erst um halb vier im Bett war, um dann am nächsten Morgen um 7:30 den Sunrise Run anzuführen. Er hat dann unten die Leute zum Frühstück entlassen, ist in dem ihm so eigenen lockeren Laufstil außer Sichtweite getrabt und hat hinter die erstbeste Palme gekotzt. In diesem Sinne!

Runner’s World Tagebuch 4: Klartext